Sunday, May 21, 2006

Once more with feeling...

Dein Erstaunen, erstaunt mich. Dass ich unten stehenden Kommunikationsabschnitt (nach Deleuze und Guattari muß man ja stets Einschnitte vornehmen um etwas zu produzieren, d.h die Maschinen zum stottern bringen...) veröffentlicht habe, resultierte aus der Annahme, dass sich unser Dialog durchaus in einem Medium vollzieht, dass nicht öffentlich ist, sondern in einem stets prekären Feld von Privatheit und Öffentlichkeit oszilliert. Auch dachte ich, dass jener schöne Dialog jener potentiellen Privatheit/Öffentlichkeit Dritter (4ter, 5ter, xter) zugänglich gemacht werden sollte (wobei gerade meine Nüchternheit im Ausdruck Deinen wunderbaren Sprachbildern leider keine adäquate Ästhetik entgegenzusetzen wusste - vom quantitativen Verhältnis wollen wir schweigen...) . Besides, diese Mails erläutern eben jene Umbennung von "versus" in "trifft". Deswegen... Once more with feeling...

Meine Kritik am Schema der funktionalen Differenzierung ist ja, dass sie, vor allem wenn es mit einer Evolution verknüpft wird, die historische Kontingenz ausradiert. Das Problem ist ja, dass sich plausibel gar nicht erklären lässt, ob eine Entwicklung oder Differenzierung stattgefunden hat. Schließlich schreiben wir Wissenschaft von einem Standpunkt aus, der als modern zu charakterisieren Ergebnis nicht nur nicht das Ergebnis einer Entwicklung an sich, sondern auch einer unwahrscheinlichen Beobachtungsposition ausgeht. D.h. die Beschreibung einer differenzierten Gesellschaft hat rein gar nichts mit einer Systemdifferenzierung zu tun, sondern ist eine Startegie der Wahrheit, die einen gegebenen Zustand als (zwar zufällige und unwahrscheinliche) aber notwendige Folge eines Prozesses der Differenzierung betrachtet.
Geschichte ist es niemals. Um mit Foucault zu argumentieren: Soziale Differenzierung sit ein hsitorisches Apriori für die Theorie sozialer Differenzierung, vor allem dann, wenn sie eine Evolution (also ein Fortschreiten - wovon - wohin?) konstatiert. Nein, so geht das nicht.
Ich würde dagegen mit Benjamin behaupten, dass Geschichte schreiben niemals heißt, "es erkennen 'wie es denn eigentlich gewesen sei.'" Die gesuchten Anschlüsse an die Naturwissenschaften unterminieren die wertvolle Erkenntnis Luhmanns, dass alles anders hätte kommen können. Aber diese Historisierung der Genese macht einen Unterschied ums Ganze. Denn es geht nicht um die historische Genese des Systems, sondern um die "Heraussprengung" des "Jetzt" aus dem historischen Kontinuum. Wahrheit ist wahrlich ein Code des Wissenschaftssystems, aber weil Wahrheit stets in Machtspiele verwickelt ist, ist sie auch immer ein Objekt politischer Strategien.

Das Problem der Sozialtechnologie und der Kritischen Theorie ist ja etwas komplizierter als Du das darstellst. (darstellen möchtest?)
Das Anliegen der Kritischen Theorie war ja die Entkoppelung des Rationalitätsproblems von der Verwertbarkeit. D.h., dass es darum ging, eine nichtteleologische Konzeption von Rationalität zu konzipieren (Siehe herzu den Horkheimeraufsatz zur kritschen und traditionellen Vernunft). D.h., dass man der kritischen Theorie allerlei vorwerfen kann, aber nicht eine Verwertungbarkeit (was ja ein inneres Sträuben hervorruft). Darin begründet sich ja ihr Bilderverbot der "Wahrheit". Keinen telos angeben dürfen, dass folgt aus der Ablehnung einer Verwertbarkeit. Sicher, sie wünschen eine Herrschaftfreiheit, aber das heißt auch, sich von Verwertung fei zu machen, bis zu einem gewissen Grad auch vom Telos der Herrschaftsfreiheit.
Wann immer man iht also ein Telos zuschreiben möchte, schießt man am Kern der KT vorbei.
Das Problem stellt sich ja nur anders herum: Sicher es gibt real keine absolute Wahrheit, aber dass heißt nicht, dass es keine geben könnte. Und dies hängt nicht vom Grad der Differenzierung ab, sondern von ihrer Form.

P.S.: Vielleicht sollte erwähnt werden, dass die KT die Prominenz einer sozialen Differenzierung deswegen so unglaubwürdig erscheint, weil die eigene Erfahrung eine solche nicht bestätigen konnte - hingegen ist sie wenn dann als Idealtypus im Sinne Webers zu verstehen, als Folie, vor der sich die Unzulänglichkeit der realen Nicht- oder Entdifferenzierung beschreiben lässt.
Oh, hätte sich doch das Wissenschaftsystem vom politischen System getrennt.

Literatur:
Benjamin, Walter (1940): Über den Begriff der Geschichte/Geschichtsphilosophische Thesen.
Horkheimer, Max (1937): Traditionelle und kritische Theorie.
Adorno, Theodor W. (1969): Einleitung in: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie.

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