Thursday, May 25, 2006

"Alles könnte anders sein,...

...und praktisch nichts lässt sich ändern." (Niklas Luhmann, zitiert nach Alois Hahn).

Nicht ganz sicher, ob das Phänomen der sozialen Differenzierung von Gesellschaft, welches schon bei Simmel und Dürkheim, und dann bei Parsons und Luhmann beschrieben wird, in Frage gestellt wird oder ob das Erkenntnistheoretische Prinzip der System/Umwelt-Differenz als unplausibel abgelehnt wird, obwohl es nicht nur von physikalischen und biologischen Forschungen gestützt wird, sondern auch psychologisch, wie soziologisch erfolgreich Beschreibungen wie Kybernetik 2.Ordnung, Autopoiesis, operative Schließung etc. eingeführt hat, lasse ich dieses Problem diesmal außen vor und versuche an den Punkt der Kontingenz anzuschließen.

Ich würde dagegen mit Benjamin behaupten, dass Geschichte schreiben niemals heißt, "es erkennen 'wie es denn eigentlich gewesen sei.'"

Dem kann man wohl systemtheoretisch voll zustimmen, denn - wie im Post "Zuschreibungen" bereits steht - erscheint die Vergangenheit, stets im Licht der Gegenwart. Auch die Vergangenheit verändert sich fortlaufend, wird vergessen, erinnert, umgeschrieben und umgedeutet. Nichts desto trotz schließen Gegenwärtige Operationen an vergangene an - und zwar so, wie sie diese thematisieren und so, wie es Strukturen (als Erwartungen) aus der Vergangenheit zulassen, wobei hier kein deterministischer trivial-Maschinen-Output erwartet werden darf, sondern es in der Verantwortung des Systems als Entscheidendem liegt, welche Anschlussoperation erfolgt. Allerdings ohne die Zusicherung, dass es damit genau das erreicht wird, was erreicht werden soll - wenn man denn so naiv war und konkrete Vorstellungen über die unbestimmte Zukunft hegt.

es geht nicht um die historische Genese des Systems, sondern um die "Heraussprengung" des "Jetzt" aus dem historischen Kontinuum.

Scheint eine politische Protestformel zu sein. Es sei denn, es meint das Reisen in eine unbekannte Zukunft, die als Ressource begriffen werden soll. Das wäre dann wohl auch eins der Phänomene der (hoch-)modernen Gesellschaft.

die wertvolle Erkenntnis Luhmanns, dass alles anders hätte kommen können.

und es dennoch ganz enorme Einschränkungen bzgl. des aktuellen/gegenwärtigen selektierens von Möglichkeiten gibt (oft laufen Prozesse, die nur mit Fortsetzung od. Totalabbruch beantwortet werden können). Zum anderen müssen Variationsspielräume erst einmal entdeckt werden (vielleicht ein produktives Betätigungsfeld für kritische Theoretiker), was, wenn man sie beschreiben kann, aber immer noch keinen Variationshype rechtfertigen würde (wenn zumal es eine geradezu unwahrscheinliche Leistung ist, Strukturen zur Funktionserfüllung stabil zu halten), aber Vorantreibung von Evolution durch ständige Selektion, ohne Aussicht auf wirkliche, dauerhafte Stabilität ist ganz klar überall zu beobachten.

Was wieder zum Konstruktivismus (incl. Autopoiesis) führt, indem wir konstatieren, dass wir emergente Einheiten beobachten können, die sich selbst produzieren und reproduzieren und dabei zwar in einer - wenn man so will: - absoluten Wahrheit, die sie aber nie erkennen können und deshalb auch als solche irrelevant verworfen werden kann / undurchschaubaren Umwelt fremdreferentiell Bedeutungen über systemintern Erkanntes verorten, aber deren blinden Fleck zusammen mit ihrer Selbstbezüglichkeit ihnen eigentlich lediglich die Möglichkeit der Selbstbeschreibung zugesteht - von da wo das System im Moment ist. Die Gesellschaft kann sich dann in der Soziologie auch nur selbstbeschreiben / Selbsbeschreibungen anfertigen und zwar in dem Medium in dem sie sich reproduziert und Formen annimmt: In dem der kommunikativ benutzten Sprache.

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