Thursday, February 23, 2006

Die Grenze als Raum

Okay, Polemik beiseite...obwohl ich denke, dass die emotionale Aversion gegen Theorien durchaus von soziologischer Relevanz sind.

Die Grenze ist kein System. Aber: Die Differenz als Bobahtung erster Ordnung kann von dem System selbst nicht erkannt werden. Gerade weil es unterscheidet, weiß es nicht, dass es unterscheidet!. Es unterscheidet. Basta. Deswegen existiert die Grenze als Systemleistung nicht für das unterscheidende System. Wenn Luhmann sagt, dass das System die Differenz von System und Umwelt sei, hat er durchaus recht, aber er sagt nicht: für welches System. Die Grenze ist eine Operation. Daran würde ich unter systemtheoretischen Prämissen ja festhalten. Aber als Grenze, d.h. als markierte Unterscheidung von System und Umwelt ist es als beobachtung nicht verfügbar. Wenn man so will, ist die Differenz ja immer auch bereits Interpretation, und die funktioniert ja immer nach dem Prinzip "Es gibt eine interpretierendes System, für die die Umwelt eine Form annimmt, d.h. es unterscheidet in erster Linie nicht sich von der Umwelt, sondern Umwelt von Umwelt. Es unterscheidet in der Beobachtung rot vom Rest, dass darunter es auch das System fällt, sofern es nicht rot ist, ist aber erst für eine Beobachtung zweiter Ordnung relevant.

Was ich allerdings viel spannender finde, ist die sozialtheoretische Ausdehnung von Grenze. Eine Grenze ist ja immer passierbar und durchlässig. Das macht ja eine Grenze aus. Sie ist überschreitbar (Vielleicht liegt das perpetuum mobile des Systems in seiner grundlegend psychotischen Struktur: ja nicht die Grenze einstürzen lassen, ja nicht mir der Umwelt verschmelzen - Deleuze: Psychosen sind die Angst vor dem Auflösen). Deswegen muss ständig die Grenze neu gezogen werden. Bitte nicht falsch verstehen: Das ist ein typisches Modernes verhalten. Der Moderne Mensch ist bis zu einem gewissen Grad psychotisch. Auch ich, auch Du und eben auch Systeme. Die Forderung, Anschluss zu halten ist nicht erkenntnistheoretisch, sondern normativ-moralisch.

Aber zurück zur Frage des Raumes der Differenz. Wenn das System die Grenze von System und Umwelt ist, stellt sich die Frage, ob die Grenze eine Differenzierung aufweist. Es stellt sich also die Frage nach der Dimension der Grenze. Welche Qualität und Schwere hat eine Grenze? Sind einige leichter auflösbar als andere? Sind Passagen Grenzen? Oder nur Kommunikationsketten? Ist die Auflösung einer Grenze selbst eine Operation, und von wem wird sie geleistet? Wenn es eine Operation des System ist, kann es sich nicht auflösen. Wenn es von einer Metaperspektive beobachtet wird kann die Differenzziehung kein Teil des differenten Systems sein, oder warum sollte die Differenzierung Teil des Systems, Entdifferenzierung aber nicht teil eines Systems sein.



2 comments:

Daniel Kofahl said...

...laut Rhetorik-Netz.de bedeutet Polemik ursprünglich "Streitkunst, ein wissenschaftlicher Streit, eine gelehrte Fehde (gr. polemos = Krieg)" - und nicht wie oft (zumindest auch von mir) gedacht: unfaire Rhetorik. Stattdessen will sie "überspitzen und unversöhnlich argumentieren". Ein wenig Polemik ist sicherlich ganz unterhaltsam und lockert durch ihre Dogmatik den Disput auf...

lars said...

unversöhnlich argmentieren, das ist in einer unversöhnten Welt die einzige Strategie, um einer Versöhnung den Weg zu bereiten, die nicht im Konsens des Common sense endet.